Gutachten Goldmann Verlag: Vivien Armstrong, Smile Now, Die Later

Handlungsort: London, Wales, Paris
Handlungszeit: Gegenwart
Genre: Krimi

Inhalt

Als die Londoner Textilrestauratorin Zoe Templeman einen kostbaren Gobelin bei dem Antiquitätenhändler Max Loudon-Fryer abholen will, entdeckt sie ihren Auftraggeber an einem Strick baumelnd. Seine bildschöne, pakistanische Haushälterin Saba wirkt völlig verängstigt, weshalb Zoe ihr einstweilen Unterschlupf in ihrer Werkstatt anbietet.

Inspektor Kennedy nimmt die Ermittlungen auf. Zwar spricht vieles für Selbstmord, doch es bestehen noch gewisse Zweifel: Kennedy vermisst ein klares Motiv und einen Abschiedsbrief. Während Zoe nach der ersten Befragung zu ihrem Lover Haydon Masure eilt, einem renommierten Schönheitschirurgen mit teils dubioser Klientel, erscheint Max' Witwe Desiree und inspiziert ihr Erbe.

Zoe zieht sich auf Haydons Landsitz Stonecrest zurück und schüttet ihr Herz bei Nachbar und Kumpel Roddy Meirs aus. Völlig überraschend taucht jedoch Haydon mit Saba und deren kleinem Sohn Ali im Schlepptau auf. Bei einer neuerlichen Befragung in London konfrontiert die Polizei Zoe mit dem Fund eines blutbeschmierten Hammers. Obwohl sie beteuert, mit Max in rein geschäftlichem Kontakt gestanden und nichts von dessen Geldproblemen gewusst zu haben, wird sie von Inspektor Kennedy unter Druck gesetzt.

Telefonisch berichtet ihr Haydon von einer dunklen Gestalt, die ums Landhaus schleicht. Wenig später kommt Bert, der als eine Art Hausmeister auf dem Stonecrest-Grundstück lebte, bei einem Brand in seinem Cottage ums Leben. Die Polizei geht von Brandstiftung aus.

Mit der Beziehung zwischen Haydon und Zoe steht es nicht zum Besten. Zoe weiß seit kurzem, dass ihr Lover Stonecrest entgegen seiner Behauptungen nur gemietet hat. Die Eigentümerin ist eine gewisse Mrs Redford, die Geliebte des berüchtigten Bankräubers Mullins. Als Zoe zudem erfährt, dass Mrs Redford in Rio lebt, und Haydon demnächst zu einer Konferenz dorthin fliegen will, verstärkt sich ihr Misstrauen.

In Stonecrest hat man inzwischen einen eifersüchtigen Ehemann aus dem Dorf als möglichen Brandstifter ausgemacht. Doch Haydon scheint immer noch beunruhigt und auch Saba ist halb verrückt vor Angst und berichtet von einem rachsüchtigen Onkel und ihrem ungeliebten Ehemann. Einer Spur folgend fährt Zoe zum Haus des Kunsthändlers Mayhew, der kürzlich Opfer eines Raubmords wurde. Dort erfährt sie einige sehr aufschlussreiche Details.

Als Haydon aus Rio zurückkehrt, drängt er zum überstürzten Auszug aus Stonecrest. In der Nacht wird Haydon im Garten erschossen. Es stellt sich heraus, dass der Verbrecher Mullins seine Beute auf dem Grundstück versteckt hatte und seine Gangmitglieder sich ihren Anteil mit Gewalt holen wollten. Bei der Durchsicht von Haydons geheimen medizinischen Unterlagen entdeckt Zoe die rätselhaften Zusammenhänge: Haydon hatte Mullins umoperiert, so dass eine Identifizierung für die Polizei unmöglich war. Mullins und Redford setzten ihn daraufhin unter Druck und engagierten ihn und Bert als unauffällige Wachhunde für Stonecrest. Nach langem Überlegen überreicht Zoe Inspektor Kennedy die Unterlagen. Sie ruiniert damit zwar posthum Haydons Ruf, kann aber nicht mit seiner moralischen Mitschuld an Berts Tod leben.

Zoe flüchtet vor ihren Erinnerungen nach Paris, wo sie den kostbaren Gobelin abliefern soll. Dort wird ihr ein liegen gebliebener Brief von Max ausgehändigt. Erschüttert verkriecht sie sich in einem heruntergekommenen Hotel. Nach einigen Wochen reist Roddy ihr nach. Als er den Brief liest, begreift er ihre Verstörung: Max hat in Mayhews Auftrag gutgläubig teure Antiquitäten verkauft, die sich später als Fälschungen erwiesen. Mayhew erpresste ihn als angeblichen Mitwisser. Max sah seinen guten Ruf, der ihm alles bedeutete, ruiniert und beschloss, Mayhew zu töten. Dabei überfuhr er aus Versehen dessen Hund und erlöste das Tier durch einen Hammerschlag von seinen Verletzungen. Aber er fand nach dem Verbrechen keine Ruhe und beging schließlich Selbstmord.

Zoe bringt es nicht übers Herz, noch einen toten Freund an die Polizei zu verraten, weiß aber auch nicht, wie sie mit diesem Wissen weiterleben soll. Deshalb nimmt Roddy kurzerhand den Brief und verbrennt ihn. Gemeinsam fahren sie wieder zurück nach London.

Beurteilung

Smile Now, Die Later ist ein netter, solider Krimi in typisch englischer Manier. Einige Schwächen im Detail und das etwas unglaubwürdige Ende (Zoes Skrupel, ihren Geschäftspartner Max öffentlich als Mörder zu entlarven) fallen nicht allzu schwer ins Gewicht. Ein allwissender Erzähler schildert Zoes Verstrickungen in die diversen Todesfälle, wobei einige Kapitel durch in der Ich-Form verfasste Kommentare von Zoe eingeleitet werden.

Bei der unterhaltsamen Beschreibung der Schauplätze ist die Atmosphäre des englischen Dorflebens zwischen Schweinezüchtervereinigung und Vicarage, Pub und Manor House besonders gelungen. Interessant wirken auch die kontrastreichen Lebenswelten der Figuren: So wechselt die Handlung zwischen Zoes Alltag als Textilrestauratorin, der gehobenen Gesellschaft im Umfeld der Antiquitätenhändler und einem halb ironischen Blick auf Country Living at Stonecrest. Dazu kommen Andeutungen von Pariser Bohème Flair und pakistanischem Zwangsheiratselend.

Der verwickelte Plot mit mehreren Todesfällen wird durch die Protagonistin Zoe zusammengehalten. Leicht verwirrend wirkt das Pendeln sämtlicher Figuren zwischen Stonecrest und London. Man verliert leicht die Übersicht, wer gerade wo und mit wem ein Gespräch führt. Die Figuren sind überzeugend charakterisiert; allerdings gibt es ein paar Ungereimtheiten in der Beziehung zwischen Zoe und Saba und auch der Inspektor scheint etwas hölzern geraten.

Die Dialoge sind lebendig und witzig geschrieben. Die Handlung ist insgesamt spannend aufgebaut. Nur an manchen Stellen ist die Entwicklung zu vorhersehbar, werden die Spuren dem Leser zu deutlich präsentiert.